Nikolaos von Damaskus wurde circa 64 v. Chr. in Damaskus geboren, einer Stadt, die damals unter griechischem Einfluss stand. Über seine Jugend ist wenig bekannt, aber als Sohn eines wohlhabenden Politikers genoss Nikolaos eine umfassende Ausbildung. Dann wurde er, so überliefert Sophronius, zum Erzieher der Kinder von Kleopatra VII. und Marcus Antonius. Es ist allerdings nicht klar, ob er diese Aufgabe noch während der Lebenszeit der beiden übernahm oder erst nach ihrem Tod im Jahr 30 v. Chr. Spätestens ab 14 v. Chr. diente er am Hof des jüdischen Königs Herodes als Ratgeber und Hofgeschichtsschreiber. Wegen seinem diplomatischen Geschick wurde er auch von Herodes mehrfach nach Rom geschickt, wo er auch vor dem Princeps Augustus auftrat und für längere Zeit lebte.
Neben einigen philosophischen Schriften verfasste Nikolaos auch eine Universalgeschichte, sein bekanntestes Werk. Diese umfasste 144 Bücher, die ab den Anfängen der Geschichte bis zum Tod des Herodes im Jahr 4 v. Chr. berichtet. Leider sind die meisten dieser Bücher verloren oder nur in Fragmenten überliefert. Zudem schrieb er eine Augustus-Biographie, in der er die Verschwörung gegen G. Iulius Caesar detailliert schilderte. Leider sind auch von dieser Biographie, in der er Augustus äußerst positiv darstellt, nur Fragmente erhalten.
In seiner Augustus-Biographie versucht Nikolaos immer wieder, ein negatives Bild von Marcus Antonius zu zeichnen und dagegen Caesar und seinen Adoptivsohn Augustus positiv darzustellen. Er kritisiert die Verschwörer gegen Caesar stark und rechtfertigt die Nachfolge Caesars durch Augustus. Marcus Antonius wird zu einer zweideutigen und unrühmlichen Person, die in Wahrheit nach der Königswürde strebte. In diesem Zusammenhang wird Marcus Antonius auch unterstellt, in den Mord an Caesar verwickelt gewesen zu sein. Marcus Antonius soll gezielt durch seine Krönung Caesars zum Diktator, die dieser wohl gar nicht wollte, Hass auf den Herrscher erregt haben.
Nikolaos stellt in seinen Texten teilweise Behauptungen auf, die nachweislich nicht stimmen. So schreibt er etwa in seiner Augustus-Biographie, dass Caesar in seinem Testament die Vaterschaft zu Kleopatras VII. Sohn Caesarion abgestritten habe. Überhaupt trifft Nikolaos in seinen Texten immer wieder Aussagen, die deutlich machen, dass er nicht neutral zum Berichteten steht, sondern eine wertende Position einnimmt. Die Taten seines Freundes Herodes etwa stellt er sehr positiv dar und nimmt häufig eine jüdische Perspektive ein, aber auch Augustus und Caesar werden immer wieder positiv bewertet. Das mag auch daran liegen, dass er sich für den Bericht über deren Taten auf deren eigene Werke stützte, nämlich Caesars Kriegsberichte und Augustus Autobiographie, die heute verloren ist. In diesen präsentierten die Autoren sich natürlich sehr positiv. Auch wenn man aus den Texten des Nikolaos erkennen kann, dass er mehrere Quellen nutzte, ist nicht erkennbar, ob er sich mit diesen kritisch auseinandersetzte. Manchmal ließ er auch einfach widersprüchliche Aussagen nebeneinanderstehen. Außerdem setzte er bei seinen Berichten oft auf eine dramatische Erzählweise, die zwar ein unterhaltsames Werk entstehen ließ, dem Informationswert als Quelle für moderne historische Forschung aber eher abträglich ist. Obwohl Nikolaos von den erhaltenen Autoren zeitlich am nächsten an Caesar und Kleopatra war, ist sein Quellenwert zu diesen zwar grundsätzlich hoch, in seiner Darstellung und in Details jedoch durchaus fragwürdig.
Lea Tappenbeck, 2. M.A. Semester (Universität Heidelberg)