Für Traians Aufstieg zur Macht war sein gleichnamiger Vater von großer Bedeutung. Er stammte aus der Provinz Hispania im Süden der iberischen Halbinsel. Der soziale Aufstieg seines Vaters fand in einer Zeit statt, in der die politische Elite quasi ausschließlich aus Bürgern von Rom bestand. Das zeigt, dass er über großen Einfluss und Ansehen verfügt haben muss und auf diese Weise seinem Sohn den Weg ebnen konnte. Traians Vater kommandierte unter Vespasian eine Legion und wurde von diesem als Dank für seine Unterstützung im Bürgerkriegsjahr (69 n. Chr.) ins Patriziat erhoben. Er erreichte zudem mehrmals das höchste der römischen Ämter, den Konsulat. Ab ca. 73 n. Chr. war Traianus pater mehrere Jahre Statthalter der Provinz Syria, in der eine große Anzahl Legionen stationiert war. Dort konnte Traians Vater erfolgreich einen Angriff der Parther abwehren. Um diese Zeit begann auch Traians Laufbahn unter seinem Vater als Militärtribun, das heißt als höherer Offizier in der römischen Armee. Als die Amtszeit seines Vaters in Syrien 78 n. Chr. endete, folgte Traian dessen Vorbild und durchlief nun ebenfalls die römische Ämterlaufbahn (cursus honorum).
Um Verwechslungen zu vermeiden, wird Traians Vater oft als „Traianus pater“ (lat. für Traians Vater) bezeichnet. Diese Bezeichnung stammt aus dem Jahr 113 n. Chr., als Traian seinen Vater unter diesem Namen divinisieren (in den Götterhimmel aufnehmen) ließ. Er ist damit der einzige nicht-kaiserliche Vater eines Kaisers, der durch eine Divinisierung geehrt wurde. Anlässlich dieses Aktes ließ Traian Münzen prägen, auf denen sein vergöttlichter Vater allein und mit dem schon 98 n. Chr. divinisierten Nerva abgebildet wird. Aber warum stellte Traian seinen Vater auf dieselbe Ebene wie seinen Vorgänger im Kaiseramt?
Die Divinisierung und die zu diesem Anlass geprägten Münzen unterstreichen zum einen die pietas des Traian, eine wichtige kaiserliche und römische Tugend, die das pflichtgerechte Verhalten gegenüber dem Vaterland, den Göttern und den Eltern symbolisiert. Zum anderen genoss Traian dadurch auch eine einzigartige Stellung: Er war der einzige römische Kaiser, der von sich behaupten konnte, zwei göttliche Väter zu haben.
Emanuel Marx (Universität Heidelberg)