Kaum eine Liebesbeziehung der Antike bietet so viel Interpretationsspielraum wie die von Kleopatra und Marcus Antonius, nicht zuletzt aufgrund der literarischen Quellen. Aber inwieweit war es vielleicht doch nur ein politisches Bündnis und nicht so sehr die „wahre“ Liebe?
Die Tatsache, dass Marcus Antonius mit der Königin des Nils drei gemeinsame Kinder hatte, ist schwer als Zeugnis einer Beziehung aus echter Liebe zu sehen – haben doch auch seine zwei offiziellen Ehefrauen, Fulvia und Octavia ihm mehrere Kinder geboren, letztere sogar zum selben Zeitpunkt wie Kleopatra. Viel erstaunlicher ist seine offizielle Verkündung und Annahme der Kinder von Kleopatra als die seinen, trotz der noch bestehenden Heirat mit Octavia. Diese Handlung brachte ihm mehr politische Probleme in Rom ein, als sie ihm Erfolge im Osten bescherte. Mit der sog. „Schenkungen von Alexandria“ 34 v. Chr. erkannte er nicht nur die gemeinsamen unehelichen Kinder mit Kleopatra an, sondern auch Caesarion, den Sohn von Caesar. Durch die Anerkennung von Caesarion wollte er seinen Herrschaftsanspruch gegenüber Octavian legitimieren. Außerdem verteilte Marcus Antonius die Gebiete, die er als römischer Prokonsul verwaltete und innehatte, an Kleopatra und seine Kinder sowie Caesarion. Mit dieser Handlung stellte sich Marcus Antonius – aus Sicht der Römer – endgültig auf die Seite des Feindes, wie Plutarch berichtet:
„Hass [der Römer] zog er sich auch durch die Länderverteilung zu [...] die theatralisch, überheblich und romfeindlich erschien. Er ließ nämlich das Volk sich im Gymnasium versammeln, auf einer silbernen Bühne zwei goldene Thronsessel aufstellen, den einen für sich, den anderen für Kleopatra, und dazu niedrigere für die Söhne [...] zweitens ernannte er seine Söhne von Kleopatra zu ›Königen der Könige‹“
– Plut. Ant. 54 (Übersetzung von K. Ziegler)
Laut den – natürlich proaugusteischen – antiken Quellen soll Marcus Antonius in seinem Testament sogar vermerkt haben, dass er neben Kleopatra begraben werden wollte.
Obwohl diese Berichte durchaus eine gewisse Zuneigung zeigen, ist unklar, ob nicht doch die politischen Vorteile eine Beziehung zwischen dem Triumvir und der ägyptischen Königin überwogen haben. So war Marcus Antonius für einen erfolgreichen Feldzug gegen das Partherreich, welcher in einem Desaster endete, auf das ressourcenreiche Ägypten angewiesen. Kleopatra auf der anderen Seite war auch bestrebt, ihr eigenes Herrschaftsgebiet zu erweitern und die von ihr neubegründete iulisch-ptolemäische Dynastie für die Zukunft zu sichern.
Paula Niekisch, 1. B.A.-Semester, Universität Heidelberg