Über erhaltene Entwürfe und Konzepte auf Papier lassen sich Einblicke in das Zusammenspiel der verschiedenen Gruppen gewinnen, die am Entstehungsprozess von Medaillen beteiligt waren: Für die künstlerische Gestaltung der Medaillenseiten waren in der Regel Medailleure verantwortlich, die häufig auch als Kunstschmiede arbeiteten. Als geübte „Imageproduzenten“ verfügten sie über ein festgefügtes Grundrepertoire, das Kombinationen und Neuarrangements verschiedener Bildelemente und Symbole erlaubte, die zu großen Teilen schon seit der Antike etabliert waren. Manchmal waren weitere Künstler wie Bildhauer oder Architekten an der Motivfindung beteiligt. Sprachgelehrte und Mitglieder der frühneuzeitlichen Akademien steuerten die anspruchsvollen, häufig mit Chronogrammen spielerisch versehenen Sinnsprüche bei. Das Betrachten der Medaillen wurde auf diese Weise häufig zu einem intellektuellen Ratespiel.
Ein Blick in die gedruckten Verkaufskataloge der Frühneuzeit (wie etwa hier das ‚Medaillen-Cabinett‘ des Nürnberger Medailleurs und Rechenpfennigmachers Caspar Gottlieb Lauffer) unterstreicht die thematische Breite, die bei der Gestaltung frühneuzeitlicher Medaillen zum Tragen kommen konnte. Machte sich ein Medailleur auf die Suche nach geeigneten Motiven, konnte er aus ganz verschiedene Bereichen schöpfen, die von politischen oder militärischen Großereignissen bis in den Bereich allegorischer Darstellungen der Treue, Liebe und anderer Tugenden reichten. Bei der Abbildung realer Personen und Orte dienten häufig Druckgrafiken als Vorlagen.
Bisweilen nahmen die fürstlichen, adligen oder bürgerlichen Auftraggeber in der Planungsphase maßgeblichen Einfluss auf die Arbeit der Medailleure. In solchen Fällen galt es, die mitunter extravaganten Änderungswünsche einzuschätzen und in ein durchführbares Projekt umzuwandeln. Der Medailleur musste die teils sehr unterschiedlichen Vorstellungen miteinander vereinen. Die Zeitspanne zwischen Entwurf und Ausführung konnte sich so erheblich verlängern.
In anderen Fällen wurden die Medaillenkünstler allerdings auch gänzlich in Eigenregie tätig: Ohne einen entsprechenden Auftrag, etwa von fürstlicher Seite, gossen oder prägten sie Erinnerungsstücke, von denen sie sich wirtschaftlichen Erfolg auf den sich bildenden Kunstmärkten versprachen. Dass sich ein derartiges Vorgehen durchaus lohnen konnte, beweisen zahlreiche Beispiele, wie etwa der Erfinder Johann Christian Reich (1740–1814), der insbesondere mit seinen auf Risiko angefertigten Medaillen große Gewinne erzielte. Aber auch die beiden Medailleure Georg Wilhelm (1670–1744) und Andreas Vestner (1707–1754), von denen obiger Medaillenentwurf stammt, waren mit ihren Arbeiten wirtschaftlich überaus erfolgreich.
Spannende Einblicke, welche Druckwerke mit Abbildungen antiker Münzen in der Renaissance zur Verfügung standen und in diesem Zuge die frühneuzeitliche Medaillenprägung beeinflussten, liefert das Projekt Translatio nummorum.
Weiterführende Literatur
Fabiankowitsch, A.: "Imageproduzenten. Medailleure im Dienste der Repräsentation Maria Theresias", in: Haag, S. (Hrsg.): Zuhanden Ihrer Majestät. Medaillen Maria Theresias, Wien 2017, S. 77–84.
Nicolas Schmitt, B.A. (Universität Heidelberg)