Da die Quellenlage zu direkten Staatseinkommen aus dem Silberabbau schwierig ist, wollen wir im Folgenden einige Überlegungen anstellen, wie die Silbergewinnung indirekt zum Reichtum Athens geführt haben könnte:
Einerseits könnte die mit dem Bergbau einhergehende Monetarisierung der Gesellschaft zu einem ökonomischen Boost geführt haben. Monetarisierung meint, dass die Gesellschaft von einer Naturalienwirtschaft, in der Dinge gegeneinander ausgetauscht wurden, zunehmend zu einer Geldwirtschaft wurde. So hat es die Monetarisierung der Polis ermöglicht, ihre Flotte aufzubauen und zu bemannen, indem sie solide Besoldungsverhältnisse geschaffen hat (siehe Abschnitt: Montarisierte Gesellschaften).
Andererseits scheint das Silber durch das Prägen zu Münzen an Wert gewonnen zu haben. An jeder geprägten 4-Drachmen Münze (Tetradrachme) verdienten die Athener ca. 2% Silber, denn ihr Wert als Münze war etwas höher als der Wert einer gleichgroßen Menge an ungeprägtem Silber. Außerdem waren athenische Eulen auch außerhalb der Grenzen der Polis ein beliebtes Tausch- und Zahlungsmittel. Wie weit verbreitet die Nutzung der athenischen Drachmen war, belegen zahlreiche archäologische Funde im Mittelmeerraum, bei denen immer wieder große Mengen der Silbermünzen gefunden werden.
Viele athenische Münzen, die an anderen Orten ausgegeben wurden, zirkulierten über Handel und Tributzahlungen nach Athen zurück. Über Hafen und Marktgebühren, die auf alle Handelswaren anfielen, aber auch vom Reichtum seiner Bürger, der durch Handel und andere kommerzielle Wirtschaftsaktivitäten zunahm, profitierte die Polis nicht wenig. Zwar besteuerte der athenische Staat seine Bürger nicht, aber ab einem bestimmten Vermögen waren Athener zu vielen Zahlungen (sogenannte Leiturgien) zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben verpflichtet. Diese Zusammenhänge erkannte schon der athenische Schriftsteller Xenophon im 4. Jahrhundert v. Chr.
Weiterführende Literatur:
Bresson, A.: The athenian money supply in the late archaic and early classical period. Journal of Ancient Civilizations 34/1 (2019), S. 135-153.
Davis, G.: Mining money in late archaic Athens. Historia 63/3 (2014), S. 257-277.
Flament, C.: The athenian coninage, from mines to markets. Journal of Ancient Civilizations 34/1 (2019), S. 189-209.
Kroll, J.: Coinage and its Economic Implications. In: Neils/Rogers (Hrsg): The Campbridge Companion to Ancient Athens. Cambridge 2021, S. 257-268.
Thür, G., Faraguna, M.: Silver from Laureion: Mining, Smelting, Minting. In: Woytek, B. (Hrsg): Infrastructure and Distribution in Ancient Economics. Wien 2018, S. 45-57.
Michael Fehling, B.A. (Universität Freiburg)