Münz- und Standarddekret

Die mit zunehmender Dauer des Delisch-Attischen Seebundes anwachsende Last der von Athen geforderten Tribute ist nur ein Teil des hegemonialen Drucks, den die Polis Athen auf ihre Bündnispartner ausübte.

Das sogenannte erste athenische Münz- und Standarddekret wird häufig als eine machtpolitische Maßnahme verstanden. Es handelt sich um einen Volksbeschluss der Athener, wahrscheinlich aus der Zeit des Peloponnesischen Krieges, der anschließend inschriftlich festgehalten und in den Städten aller Bündnispartner aufgestellt wurde. Fragmente der Inschrift aus verschiedenen Städten sind bis heute erhalten.

Das Dekret verbot den Mitgliedstaaten des Seebundes, ihre eigenen Münzen zu prägen oder auch nur zu benutzen. Des Weiteren wurden ab diesem Zeitpunkt Bürger der verbündeten Poleis dazu verpflichtet, ihr monetäres Vermögen registrieren zu lassen und in athenisches Geld umzutauschen. Zuwiderhandlungen wurden mit hohen Strafen (Verlust des Bürgerrechtes, Einzug des Vermögens) geahndet. Der Umtausch des Geldes wurde zudem mit einer Gebühr belegt, die in die Tempelkassen der Athena und des Hephaistos fließen sollte oder Feldherren übergeben wurde.

 

§10 Zu dem Eid des Rates soll der Sekretär des Rates hinzufügen - - - das folgende: „Wenn jemand Münzen aus Silber in den Städten prägt und nicht Münzen oder Gewichte oder Maße der Athener verwendet, sondern fremde Münzen, Gewichte und Maße, - - - gemäß dem früheren Beschluß, den Klearchos beantrag hat---.      

IG I³ 1453 (Komposittext und Übersetzung v. K. Hallof )

 

Neben wirtschaftlichen Beweggründen, wie entstehenden Profiten bei der Umprägung des eingesammelten Silbergeldes und einer Erleichterung des Handels durch die Schaffung einer Währungseinheit, können sicherlich auch machtpolitische Gründe für das Erlassen des Standarddekretes angenommen werden.

Mit dem Verbot autonomer Poleis-Prägungen wurde den Bündnern ein identitätsstiftendes Zahlungsmittel genommen, indem dieses mit einem athenischen ausgetauscht wurde. Die auf den Münzen verbildlichte Präsenz der Bevölkerung der eigenen Polis verschwandt und wurde durch die eindeutige sowie einseitige Botschaft der „athenischen Eule“ ersetzt.

Neben der Vereinheitlichung des Währungsraumes wurde mit dem Dekret auch die Standardisierung von Maßen und Gewichten beschlossen. Diese Maßnahme ist nicht zu unterschätzen, da sowohl auf wirtschaftlicher als auch auf militärischer Ebene Vorteile gegenüber Konkurrenten im Mittelmeerraum geschaffen wurden. So entfielen z.B. die Umrechnungen für Mengenangaben innerhalb des Delisch-Attischen Seebundes und die Menge von Nachschub und Material wurde leichter zu kalkulieren.


Athenisches Marktgewicht aus Blei,
Bild: Marsyas, CC BY-SA 2.5

Ob und wie strikt das attische Standarddekret in den Poleis des Delisch-Attischen Seebundes umgesetzt wurde, ist umstritten. Dies liegt vor allem daran, dass es schwierig ist, die Auswirkungen des Dekrets numismatisch nachzuweisen. Einige Poleis wie Ephesos oder Chios prägten durchgehend eigenes autonomes Silber, andere Poleis hingegen hörten bereits deutlich vor dem Dekret damit auf. Dass der Versuch, die Währung für den gesamten Seebund zu stellen, die Athener am Ende überforderte, erfährst Du auf der folgenden Seite.

 

Weiterführende Literatur:

Dreher, M.: Hegemon und Symmachoi. Untersuchungen zum Zweiten Athenischen Seebund. Berlin 2011.

Kagan, D.: Perikles. Die Geburt der Demokratie. Stuttgart 1992.

 

Paul Seyfried, B.A. (Universität Freiburg)

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