Ein „Game of Thrones“ im frühneuzeitlichen Europa: die spanische Erbfolge

Im 16. Jahrhundert hatte sich das Weltreich der Habsburger in zwei Linien aufgeteilt: Die spanische Linie regierte von Madrid aus ihre Besitzungen auf der iberischen wie italienischen Halbinsel, in den Niederlanden und in Übersee. Die österreichische Linie hingegen residierte in Wien und besaß ihren territorialen Schwerpunkt in Mittel- und Osteuropa. Ab Mitte des 17. Jahrhunderts häuften sich die Anzeichen, dass die spanische Linie ohne Nachkommen aussterben können und die weitreichenden Ländereien so unter einem einzelnen Herrscher vereinigt würden. Vor diesem Hintergrund formierte sich ab den 1660er-Jahren insbesondere vonseiten Frankreichs scharfer Widerstand, dem man zunächst auf diplomatischen Wegen zu begegnen versuchte. Als der spanische König Karl II. 1700 ohne männlichen Erben starb und es in der Zwischenzeit nicht gelungen war einen tragfähigen Teilungsvertrag auszuhandeln, stellte sich die ‚spanische Frage‘ mit wachsender Brisanz.

Verschiedene europäische Herrscher erhoben daraufhin Anspruch auf das reiche Erbe der spanischen Habsburger: Während der französische König Ludwig XIV. seinen Enkel Philipp von Anjou in Madrid auf den Thron zu heben versuchte, strebte Kaiser Leopold I. danach, die Herrschaft seines Sohns Karl von Habsburg durchzusetzen. Der sich anschließende Spanische Erbfolgekrieg (1700–1714) wurde nicht nur auf den Schlachtfeldern Europas und in Übersee geschlagen: Ein großes Aufgebot gezeichneter, gedruckter und geprägter Medien, mit denen die jeweiligen Anwärter als legitime Thronfolger aufgebaut werden sollten, ergänzten die Bemühungen der Kriegsteilnehmer, siegreich aus dem Wettstreit hervorzugehen.   


Medaille von Philipp Heinrich Müller auf die Verdrängung Philipps von Anjou vom spanischen Thron, 1706 (LMW Stuttgart, Inv.-Nr.: MK 22977).

 

Der Wettstreit zwischen dem Bourbonen Philipp von Anjou und Karl von Habsburg um den spanischen Königsthron wurde auch und vor allem auf der Ebene der Medaillenkunst ausgetragen: Diese Prägung des Augsburger Stempelschneiders Philipp Heinrich Müller von 1706, die deutlich Partei für den Habsburger ergreift, steht stellvertretend für die Bemühungen der Parteien des Spanischen Erbfolgekriegs, „ihren“ Kandidaten als legitimen Erben Spaniens aufzubauen.

 

Weiterführende Literatur

Ohm, M.: Am Ende des Spanischen Erfolgekrieges. Medaillen auf die Friedensschlüsse von Utrecht, Rastatt und Baden (1713/1714), in: JNG 65 (2015), S. 211–231.

 

Nicolas Schmitt, B.A. (Universität Heidelberg)

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