Geld und der Delisch-Attische Seebund

 

Du hast im vorherigen Teil gelernt, dass die innere Staatsordnung der Polis Athen eine Demokratie war. Im Folgenden geht es nun um die Außenpolitik und die Hegemonie Athens im Delisch-Attischen Seebund (Gründung 478 v. Chr.), einem Bund zwischen Athen und vielen Städten und Inseln der Ägäis. In diesem Bund gelang es Athen durch Geld und den Aufbau einer Seemacht die Führungsrolle und Vorherrschaft einzunehmen. Doch wie hing die Hegemonie Athens in der Ägäis mit Münzgeld zusammen?

In der Forschung wurde bereits viel darüber diskutiert, welcher Begriff die Vormachtstellung Athens in klassischer Zeit am passendsten beschreibt. Von Hegemonie über Herrschaft und Imperium wurden hierfür einige Termini vorgeschlagen. Unser modernes Verständnis der Begriffe Imperialismus und Imperium stammt allerdings aus dem 16. Jahrhundert, weswegen man bei der Anwendung auf die Antike mit Vorsicht vorgehen muss. Der antike griechische Geschichtsschreiber Thukydides nennt die Machtstellung Athens im Ägäisraum in seinen Schriften üblicherweise ἀρχή / archē (dt. "Herrschaft").

In Bezug auf die archē ist es besonders zentral, zwei Aspekte näher zu beleuchten: Zum einen die territoriale Expansion und zum anderen die Art der Ausübung von Macht.


Athenische Agora mit Blick auf die Akropolis
Bild: DerHexer, CC BY-SA 3.0

So kann die Verbreitung einer Währung zum Beispiel auch die Ausdehnung eines Reiches widerspiegeln. Zur Aufrechterhaltung eines "Imperiums" sind dann wieder Geldmittel nötig. So ist es nicht verwunderlich, dass das Verhältnis von Geld und Krieg in der „Geschichte des Peloponnesischen Krieges“ von Thukydides genauer beschrieben wird:  

 

Die Gelegenheit ist so günstig wie nie zuvor. Denn Athen ist erschöpft durch die Seuche und die hohen Ausgaben, und seine Schiffe operieren zum Teil vor eurer Küste, die anderen sind gegen uns beordert; somit ist nicht zu erwarten, dass sie noch eine nennenswerte Reserve an Schiffen bereit haben [...]. Denn nicht in Attika wird der Krieg entschieden, wie mancher glaubt, sondern in den Ländern, die Attika reich und mächtig machen. Von den Verbündeten kommt doch der Zufluss der Geldmittel, und der wird noch reichlicher fließen, wenn sie uns unterwerfen; denn kein anderer wird sich mehr lossagen, der Tribut von uns wird dazu kommen, und uns wird man übler mitspielen als den schon lange Unterjochten.

(Thuk. 3, 13, 3-6)

(übers. v. B. Bleckmann)

 

Diese im vierten Jahr des Peloponnesischen Krieges (428 v. Chr.) von einer Delegation aus Mytilene geäußerten Worte sollen die einmalige Möglichkeit eines Angriffes gegen das hegemoniale Athen verdeutlichen. Als Basis der Macht Athens wird nicht etwa eine diszipliniertere Lebensweise, göttlicher Beistand, Frömmigkeit oder gar eine überlegene Menge an Truppen angeführt, sondern die monetäre Macht, die Athen durch seine Bündnispartner generieren konnte. Die Bewohner der Insel Lesbos wollen deshalb den opportunen Moment ausnutzen, um nicht unter athenische Herrschaft zu gelangen, denn „kein anderer wird sich mehr lossagen“ können, sollten die Lesbier besiegt werden. Mit der Eroberung von Lesbos entstünde also ein Imperium, welches nicht nur die gesamte Ägäis kontrollieren würde, sondern auch über finanzielle Mittel verfügen könnte, die ihres gleichen suchen würden. Doch wie kam es zu dieser Situation? Wenn ihr wissen wollt, welcher Zusammenhang zwischen der arche und der athenischen Geldpolitik besteht, dann lest weiter.

 

Quelle:

Thukydides: Der Peloponnesische Krieg, übers. v. M. Weißenberger. Berlin/Boston 2017.

 

Weiterführende Literatur:

Bleckmann, B.: Der Peloponnesische Krieg. München 22016.

Howgego, C.: Geld in der antiken Welt. Eine Einführung. Darmstadt 22011.

 

Sarah Schachner, B.A. (Universität Freiburg)

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