Von Hadrianischer Teilung zum Schatzregal

Die meisten deutschen Bundesländer haben diese Art der Aufteilung nach Funden, also die Hadrianische Teilung, schon länger abgeschafft. Erst im Jahr 2023 änderte Bayern seine Gesetze bezüglich Funde. Die neue Regelung lautet „Schatzregal“. Was hat sich hier geändert? Die Schatzregalverordnungen variieren von Land zu Land, deshalb hierein beispielhafter Auszug aus § 20 des Denkmalschutzgesetzes (DSchG) in Baden-Württemberg.

(1) Wer Sachen, Sachgesamtheiten oder Teile von Sachen entdeckt, von denen anzunehmen ist, daß an ihrer Erhaltung aus wissenschaftlichen, künstlerischen oder heimatgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht, hat dies unverzüglich einer Denkmalschutzbehörde oder der Gemeinde anzuzeigen. Der Fund und die Fundstelle sind bis zum Ablauf des vierten Werktages nach der Anzeige in unverändertem Zustand zu erhalten, sofern nicht die Denkmalschutzbehörde mit einer Verkürzung der Frist einverstanden ist. Diese Verpflichtung besteht nicht, wenn damit unverhältnismäßig hohe Kosten oder Nachteile verbunden sind und die Denkmalschutzbehörde es ablehnt, hierfür Ersatz zu leisten.

(2) Das Landesamt für Denkmalpflege und seine Beauftragten sind berechtigt, den Fund auszuwerten und, soweit es sich um bewegliche Kulturdenkmale handelt, zu bergen und zur wissenschaftlichen Bearbeitung in Besitz zu nehmen.

(3) Die Gemeinden sind verpflichtet, die ihnen bekanntwerdenden Funde unverzüglich dem Landesamt für Denkmalpflege mitzuteilen.

Ein Unterschied zur Hadrianischen Teilung ist die Aufteilung der Funde. War bisher die Aufteilung zwischen Finder und Landeigentümer, so wird der Fund jetzt bei „öffentlichem Interesse“, das heißt bei wissenschaftlicher Relevanz zu Eigentum der Denkmalschutzbehörde. Der Fund wird also nicht mehr automatisch zwischen Finder und Landeigentümer aufgeteilt, sondern das Land wird, wenn die wissenschaftliche Relevanz und damit das öffentliche Interesse gegeben ist, zum Besitzer. Je nach Bundesland darf der Finder auf eine Entschädigung hoffen. Vor allem aber geht es darum, dass der Fund wissenschaftlich untersucht, dokumentiert und damit das Kulturelle Erbe gewahrt und gewürdigt werden kann.

Denn oft kann den Funden mehr entlockt werden, als von ehrenamtlichen Sondengänger wahrgenommen werden kann. Ein Beispiel: Wenn in Rheinland-Pfalz eine Münze aus der Prägestätte von Cyzicus, einer Stadt in der heutigen Türkei, gefunden wird, wirkt dies für den Laien zuerst einmal nicht besonders erstaunlich. Ein Forscher kann dann allerdings vergleichen, ob es mehrere Münzen von dieser Prägestätte in dieser Region gibt und, ob sich daraus ein Muster rekonstruieren lässt bzw. weitere Fragen etwa zum Münzumlauf beantwortet werden können. Wie kamen diese Münzen von der heutigen türkischen Westküste nach Germanien? Gab es Handelskontakte und Handelswege? Geschah der Transport vielleicht durch das Militär? Was bedeutet dies für unser Bild für die Antike in Bezug auf Mobilität und kulturellen Austausch?

All diese Fragen, die eines größeren Wissens und fachlichen Hintergrundes bedürfen, zeigen deshalb genau, warum das Schatzregal einen Schritt nach vorne darstellt, denn damit wird auf die Bewahrung des Kulturellen Erbes deutlich mehr Rücksicht genommen.

Die zeitnahe Bearbeitung des vorgelegten Materials ist allerdings ebenso ein wesentlicher Bestandteil der guten Zusammenarbeit zwischen ehrenamtlichen Sondengängern bzw. Findern und der Denkmalpflege. Hierfür bedarf es einer entsprechenden personellen Ausstattung der Behörden, um Frust auf beiden Seiten vorzubeugen.

 

Joel Stifter, 5.Semester, Universität Heidelberg

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