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Entstehung und Verbreitung der Imitationen

Bei solchen Imitationen handelte es sich um lokal geprägte Nachahmungen offizieller Münzen, die als Reaktion lokaler Instanzen auf Bedürfnisse vor Ort zu deuten sind, wobei als Prägeherren Militärpersonen, städtische Behörden, aber auch Privatpersonen in Frage kommen. Im Gegensatz zu Fälschungen (E-Museumsartikel zu Fälschungen) waren diese Imitationen, die bezüglich der Qualität ihrer Machart große Schwankungen aufwiesen, in regem Umlauf und wurden von den Autoritäten zumindest toleriert.

Da zunächst angenommen wurde, Münzen, die derart deutlich von den offiziellen Prägungen abweichen, könnten nur außerhalb des Imperium Romanum entstanden sein, wurden die Imitationen in der Forschung lange auch als „Barbarisierungen“ bezeichnet. Tatsächlich kann aber davon ausgegangen werden, dass ein Großteil der Nachahmungen innerhalb des Imperiums entstanden ist, wobei es hierbei drei größere Schübe, in der aktuellen Forschung „Epidemien“ genannt, gab [Wigg-Wolf 2004, 55–75]. Ein solcher Schub, in den auch die oben beschriebene Imitation einzuordnen ist, ereignete sich Ende des 3. Jhd. in den Nordwestprovinzen des Imperiums. Hierbei wurden hauptsächlich Antoniniane (römische Silbermünze) imitiert, wobei die Münze des Claudius II. mit Altardarstellung auf dem Revers als eines der häufigsten Motive gilt. Warum genau dieses Motiv so vermehrt nachgeahmt wurde, ist schwer zu erklären. In der Forschung gibt es jedoch verschiedene Thesen darüber, warum Imitationen allgemein entstanden sind bzw. warum es zu den Epidemien kam.

Als allgemeine Ursache wird die Produktion von Imitationen als eine lokale Reaktion auf eine Münzknappheit und somit einen nicht gedeckten Bedarf für den Münzumlauf in bestimmten Regionen verstanden. Hierbei ist jedoch umstritten, warum eine solche Münzknappheit entstanden sein könnte. Ein möglicher Grund wäre, dass eine schlechte Münzversorgung von offizieller Seite bestand, weil Münzstätten entweder geschlossen wurden, wie beispielsweise 274 n. Chr. durch den Niedergang des Gallischen Sonderreiches in Trier und Köln, oder keine ausreichenden Mengen an Münzen ausstießen. Auch politisch und militärisch krisenhafte Situationen werden in diesem Zusammenhang oft als mögliche Ursache genannt [Wigg-Wolf 2004, 57–59]. In diesem Fall wäre das Entstehen von Imitationen also in einer „Schwäche […] der zentralen Gewalt“ [Wigg-Wolf 2004, 75] begründet. Ein anderer Erklärungsansatz geht hingegen davon aus, Imitationen könnten statt einer krisenhaften Situation auch Zeichen für einen wirtschaftlichen Aufschwung oder immerhin für eine intakte wirtschaftliche Infrastruktur in den betroffenen Regionen sein.

Zusätzlich dazu, dass die Imitationen bezüglich ihrer handwerklichen Machart große Qualitätsunterschiede aufweisen und teilweise deutlich kleiner als die Originale sind, fällt auf, dass häufig Gewicht und Legierung kontrolliert zu sein scheinen. Auch gibt es laut Philip Hill bestimmte Merkmale, die auf vielen der Imitationen zu finden sind und die auch an dieser Nachahmung auffallen. So ist die Darstellung auf dem Revers stark vereinfacht, während auf dem Avers die Strahlenkrone sehr betont dargestellt wird, die Nase lang und spitz ist und das Auge wirkt, als würde es den Betrachter anstarren [Hill 1949, 2–7]. Aus numismatischer Perspektive sind Imitationen deshalb so interessant, weil sie Auskünfte über ökonomische Bedürfnisse, Abläufe und Organisation in einem lokalen Umfeld geben können (Zu Imitationen vgl. auch das laufende Forschungsprojekt an der Uni Heidelberg).

Marie-Thérèse Roux