eMuseum
-
Architekturdarstellungen auf römischen Münzen
- 1. Der Tempel des vergöttlichten Caesar
- 2. Der Kapitolinische Tempel auf Münzen der Republik
- 3. Münzfälschung
- 4. Barbarische Nachahmungen: Imitationen offizieller Münzen zur römischen Kaiserzeit
- 5. Die Restaurierung des Divus Augustus-Tempels unter Antoninus Pius
- 6. Der Janustempel: Nero ehrt sich selbst
- 7. Darstellungen von Toren auf Münzen aus konstantinischer Zeit
- 8. Weiterführende Literatur
- 9. Impressum und Dank
Die Interpretation des dargestellten Gebäudes
Während das Motiv in der Vergangenheit bereits unterschiedlich gedeutet und mit verschiedenen Gebäuden in Verbindung gebracht wurde, hat sich in der neueren Forschung die Interpretation durchgesetzt, dass es sich nicht um ein spezifisches Gebäude handele. Dies sei unwahrscheinlich, da selbst innerhalb derselben Münzprägestätte die Varianten voneinander abweichen und zudem keine besonderen architektonischen Merkmale angegeben werden, die es ermöglichen würden das dargestellte Tor mit einem bestimmten Gebäude oder Ort in Verbindung zu bringen. Es wird vielmehr von der Darstellung eines (beliebigen) Kastelltors ausgegangen, die stellvertretend für den in tetrarchisch-konstantinischer Zeit betriebenen Ausbau der Grenzbefestigungen (Ende 3./Anfang 4. Jahrhundert) stehen soll, welcher sich zeitlich genau mit der Prägung des Motivs parallelisieren lässt. Der Ausbau der Grenzbefestigung war notwendig geworden, nachdem während der Zeit innerer Unruhen im 3. Jahrhundert das Römische Reich erstmals in seiner Geschichte von mehreren Seiten durch äußere Feinde bedroht worden war, die es teilweise sogar schafften bis tief ins Innere des Reiches vorzustoßen. Das Motiv auf dem Revers sollte der breiten Bevölkerung wohl verdeutlichen, welche Maßnahmen das Kaiserhaus für ihren Schutz ergriff. In diesem Zusammenhang ist auch die Umschrift zu verstehen, welche auf die kaiserliche PROVIDENTIA (weise Voraussicht) verweist, durch die es dem Herrscher und seinen Söhnen möglich sei den Schutz an den Grenzen des Reiches zu gewährleisten.
Die PROVIDENTIA-Umschrift löste dabei reichsweit die der VIRTVS MILITVM (Tapferkeit der Soldaten) ab, welche zuvor in tetrarchischer Zeit vornehmlich zusammen mit dem Motiv des Kastelltors geprägt worden war und dieses dadurch, abseits der Bildebene, zusätzlich militärisch konnotierte. Wie ist ein solch radikaler Wechsel des Mottos bei gleichbleibender Bildsprache zu erklären? Bereits unter Kaiser Tiberius (reg. 14-37 n. Chr.) wurde die Personifikation der PROVIDENTIA als Symbol für eine weise Herrschaft verwendet und erlangte seit Vespasian (reg. 69-79) vor allem im Zusammenhang mit der Vorstellung des Nachfolgers an Bedeutung. In diesem Zusammenhang verweist die PROVIDENTIA-Umschrift somit nicht nur auf die weise Voraussicht Konstantins I. hinsichtlich des Schutzes seiner Untertanen, sondern gleichzeitig auch hinsichtlich der Wahl seiner Nachfolger. So ist es wohl kaum ein Zufall, dass das erste Einsetzen der PROVIDENTIA-Prägung und die Ernennung seines Sohnes Constantinus II. (reg. 337-340) zum Caesar auf dasselbe Jahr fallen und dieselbe Koinzidenz auch im Jahr 324 mit der Ernennung Constantius II. zum Caesar und dem Einsetzen einer großflächigen Prägung des PROVIDENTIA-Typs zu beobachten ist. Geschickt wird hierbei die Stilisierung der Söhne Konstantins als designierte Nachfolger des Kaisers mit dem Ausbau der Grenzbefestigungen verbunden und somit eine Bild der Kontinuität und Sicherheit evoziert.
Karl Heiner Dahm