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Der Denar des Volteius: Der Tempel in regionaler Tradition

 

N10151 - Denar des Volteius

Vorderseite

Kopf des Iupiter mit Lorbeerkranz nach r.

Rückseite

M VOLTEI M F. Viersäuliger Tempel des Iupiter auf dem Kapitol in Frontansicht. Im Giebel ein Blitzbündel.

Auf dem Revers der Volteius-Prägung ist der kapitolinische Tempel in Frontansicht dargestellt. In den Interkolumnien der vier Säulen sind die Türen der drei Cellae zu sehen. Im Giebelfeld befindet sich die stilisierte Darstellung eines Blitzes und auf dem Dach verschieden geformte Akrotere, die in ihrer Gestaltung an Terrakottastrukturen erinnern. Bei Tempeln dieses Bautyps ist das Giebelfeld in der Regel dekorlos (vgl. Liljenstolpe 2000, 1). Die Abweichung ist jedoch schlichtweg als Erkennungssymbol des Tempels zu verstehen (so auch Hill 1989, 24 und Hollstein 1993, 11–12). Zusammengenommen verweisen diese Darstellungsmerkmale auf einen Tempel in etruskischer Bauweise (vgl. Stamper 1999, 116 und Hollstein 1993, 11; zur etrusk. Bauweise siehe Vitr. 3,71,5). Der Blitz und die drei Türen identifizieren den Bau eindeutig als besagten Tempel des Iupiter und verraten so auch die Identität des Kopfes auf dem Avers, bei dem es sich um Iupiter handelt. Trotz der vermuteten originalen sechs Säulen ist der Tempel auf der Münze des Volteius als viersäulig dargestellt. Diese Unstimmigkeit kann kaum damit erklärt werden, dass die Münze im Jahre 78 v. Chr. geprägt wurde, also zu einem Zeitpunkt, in dem sich der Tempel im Wiederaufbau befand. Viel mehr ist anzunehmen, dass die reale Wiedergabe der Säulenzahl als zweitrangig hinter einer anderen Aussage zurücktrat. Eine These zur Interpretation sieht die Münze zusammen in einem Kontext mit den anderen Prägungen von Volteius und deutet sie als Anspielung auf die großen, religiösen Spiele der Republik, die im Lauf eines Jahres mit verschiedenen Feierlichkeiten begangen wurden (vgl. Mommsen 1860, 619–620, der auf der Basis von Cic. Verr. 5,14,36 argumentiert, und Crawford 1974, 402; Darlegung der Forschungskontroverse in Hollstein 1993, 13). In diesem Zusammenhang sind die ludi Plebeii (siehe http://numismatics.org/crro/id/rrc-385.2?lang=de), ludi Cereales (siehe http://numismatics.org/crro/id/rrc-385.3?lang=de), ludi Megalenses (siehe http://numismatics.org/crro/id/rrc-385.4), ludi Apollinares (siehe http://numismatics.org/crro/id/rrc-385.5) und ludi Romani zu nennen. Für diese Interpretation werden die unterschiedlichen Gottheiten auf den Aversen zur Begründung herangezogen, wobei die zweifache Anspielung auf den Göttervater hier die ludi Romani bedeuten würde. Hollstein widerspricht dieser Theorie, da seiner Meinung nach die ludi Florales fehlen (vgl. Hollstein 1993, 11). Des Weiteren sollte Aufmerksamkeit auf das Fehlen klarer Verweise auf Feierlichkeiten im Münzbild gelenkt werden, beispielsweise in Form von Verzierungen am Bau. Da der Tempel zur Prägezeit nicht als direktes Vorbild zur Verfügung stand, kann mit der Volteius-Prägung ein anderer Zusammenhang in Betracht gezogen werden, der auf die gesellschaftliche Bedeutung des Tempels zurückgeht (vgl. Flower 2008, 76). Sie könnte womöglich mehr als Ausdruck des kollektiven Schmerzes über den Verlust des Tempels zu verstehen sein und damit einhergehend auch den Wiederaufbau des für das römische Volk so wichtigen Heiligtums propagieren (vgl. Prayon 1982, 320).

 

Niklas Bettermann & Victoria Klein